Medea?
Hat die nicht mehrere Menschenleben auf dem Gewissen und am Ende gar die eigenen Kinder getötet?
Eine Mörderin also, eine Kindsmörderin gar! Und nun Rosen — für »so eine«?
Wer sagt das? Und warum?
Das sagt einer, der sich nicht kritiklos Vorurteile zu eigen macht, der genau hinsieht und sich fragt, warum Menschen wie handeln. Einer, den eine liebevolleMutter früh an die klassische Literatur heranführte, der unter einem zu strengen Vater litt, der am eigenen Leib erfuhr, wie wichtig Heimat ist. Alles Stoff, aus dem die antiken Sagen sind: Liebe, Hass, Verrat, Angst, Missverständnisse, Ablehnung, Intoleranz, Verzweiflung.
Die Autoren klassischer Sagen waren durchweg Männer. Ihre Frauengestalten beschrieben sie so, wie man damals Frauen generell sah: als Menschen zweiter Klasse.
Sieht man sie, wie Schmidt es heute tut, mit Verständnis für ihre weibliche Handlungsweise, gesteht ihnen Willensfreiheit und Autonomie zu, eröffnen sich plötzlich ganz neue Perspektiven.
Und aus der vermeintlichen Kindsmörderin wird eine Frau, der man Rosen schenken möchte.