Lampedusa – eine kleine italienische Insel im Mittelmeer. Klein genug, dass man sie getrost immer wieder vergessen konnte in Rom und in Brüssel – wären da nicht Zehntausende von Bootsflüchtlingen aus Afrika, die in den letzten Jahren dort angekommen sind. Wann immer eine besondere Tragödie zu vermelden ist, richten die Medien reflexartig ihre Spots auf die Insel, tragen diese Bilder von der Peripherie in die Mitte Europas – und wenden sich genauso schnell wieder ab. Von Lampedusa und den Lampedusani erfahren wir nichts.
Der Ethnologe Gilles Reckinger hat sich mehr Zeit genommen und die Menschen von Lampedusa haben ihm viel von sich erzählt. Von denen, die weggingen und denen, die zurückkamen, von ihren eigenen Lebensträumen, von den täglichen Widrigkeiten, den Versorgungslücken, der Langeweile.
Von dem Wunsch, der Insel den Rücken zu kehren und der Unmöglichkeit, woanders zu leben. Die Lampedusani zeichnen ihre Insel als einen Ort der Übergänge. Und was uns aus der Ferne erstaunt, wird durch Reckingers Buch verständlich: Die Begegnung mit dem Fremden lässt wenig Raum für rassistische Projektionen.